Unter der Adresse Poststraße 2-4 findet man den Eingang zum Hübner-Haus. 1907 bis 1908 wurde es im Auftrag der Firma Georg Hübner erbaut, nachdem zu dem bereits vorhandenen Gebäude das Nachbargrundstück gekauft wurde. Es handelte sich bei dem neuen Gebäude um ein Kontorhaus, also ein Gebäude, das ausschließlich für Büros erbaut wurde und zwar nicht nur für eine Firma, sondern ganz bewusst für viele verschiedene Mieter. Bisher war es in Hamburg üblich Büro, Lager und Wohnen in einem Gebäude zu verbinden, dies änderte sich Ende des 19. Jahrhunderts.
„Erfunden“ wurden die Kontorhäuser übrigens in Nordamerika. Dort begann man bereits ca. 50 Jahre früher mit dem Bau solcher Kontorhäuser. Als sie ihren Siegeszug in Deutschland antraten, waren sie in Amerika bereits überholt. Hohe Grundstückspreise machten es nötig immer höher zu bauen. Wolkenkratzer waren die Weiterentwicklung.
In Hamburg wurde das erste Kontorhaus 1886 gebaut, der Dovenhof. Durch die neue Bauweise mit Stahl- und Betonbau, war es möglich auf tragende Wände im Inneren zu verzichten, so dass die Mieter die Räume individuell nutzen konnten. Eine ganz moderne Denkweise, die auch heute noch wichtig ist für Büroimmobilien. Da die Kontorhäuser häufig fünf bis sieben Geschosse hatten, gab es als eine Neuerung neben dem Treppenhaus oft auch noch einen Paternoster. Im Hübner-Haus gibt es keinen Paternoster (mehr), aber zwei – sehr langsame – Fahrstühle.
Jetzt da ich den Bogen zum Hübner-Haus wieder gespannt habe, soll es hier auch weiter gehen. Das Hübner-Haus war der erste Stahlbetonbau in Hamburg und wurde daher viel bestaunt. Neben den Büros beherbergte das Gebäude im Untergeschoss und dem Stockwerk darüber das Café Hübner. In den Etagen zwei bis vier hatten Rechtsanwälte und Makler ihre Büros, in den beiden Dachgeschossen wurde die Leckereien für das Café hergestellt.
Dort wo man heute den edlen Verkaufsraum von Cartier betritt, war früher der Eingang zum Café. Es war eines der ersten – wenn nicht gar das erste – Café in Hamburg, in das die Damen der Gesellschaft auch ohne Herrenbegleitung gehen konnten. Heute ganz normal, damals ein absolutes Novum.
Kuchen, Torten und Sorbets waren aus eigener Herstellung (im Dachgeschoss s.o.). Das Café erlebte natürlich auch einige schlechte Zeiten, vor allem durch die beiden Weltkriege. Doch gleich nach der Währungsreform 1948 ging es im Café wieder los und alles lief wie immer, inklusive Kuchen, Torten etc. Leider war dann 1961 Schluss, das Café musste „aus persönlichen Gründen“ schließen. Mehr habe ich dazu leider nicht gefunden.
Das Treppenhaus des Hübner-Hauses ist in einem exzellenten Zustand. Die Fliesen sehen noch ziemlich heil aus und überall gibt es verspielte Elemente zu entdecken. Selbst auf den gefrosteten Fensterscheiben im Treppenhaus finden sich dekorative Elemente, die aber wohl neueren Datums sind. Passt aber prima dazu. Die Fahrstühle werden von schimmernden grünen Mosaikfliesen eingerahmt und überall im Eingangsbereich glitzert es wie Gold. Wo man auch hin schaut, es gibt immer ein kleines dekoratives Teil zu entdecken. Am Fuße der Treppe, direkt gegenüber des Eingangs steht eine kleine Pförtnerloge, die natürlich heute nicht mehr genutzt wird. Die Fenster dieses kleinen Kastens sind immer schön geputzt, ein Telefon und eine Lampe stehen auf dem Arbeitstisch. Es sieht aus, als würde der Concierge gleich wieder kommen. Man stellt sich daher unwillkürlich vor, wie es wohl einmal gewesen ist, als hier noch jemand saß und die Besucher und Mieter begrüßte.
Linker Hand befinden sich die Fahrstühle. Vielleicht waren da wo heute die Fahrstühle sind ja mal Paternoster. Wenn man die Treppe benutzt, kommt man an einer Vitrine vorbei, die einem etwas über das Hübner-Haus, das Café Hübner und Jörg Hübner, einen Urenkel des Gründers erzählt. Auch Geschirr aus dem ehemaligen Café ist ausgestellt und einige Fotos.
Wer einmal in der Nähe ist, sollte ruhig mal einen Schritt in das Haus setzen. Während der üblichen Büro-Öffnungszeiten ist das Gebäude frei zugänglich, da sich auch Ärzte im Haus befinden. Also tretet ein in eine andere, längst vergangene Welt.
Auch von außen kann sich das Hübner-Haus übrigens sehen lassen: Vorne klassizistische Fassade zum Repräsentieren und im Hinterhof Backstein. Sieht ja keiner.
Die Hausverwaltung (http://www.huebner-haus.de/index.html) des Hübners Hauses hat eine schöne Seite, wo auch einiges über das Gebäude zu lesen ist.
Ich hätte gerne noch mehr Fotos gemacht, aber der Akku war leer…