Vor kurzem hatte ich euch das Buch „Hamburger Geheimnisse“ empfohlen. Heute möchte ich euch einmal ein Geheimnis daraus vorstellen. Denn an einem schönen sonnigen Tag war ich mal wieder früh morgens in der City. Der Rathausmarkt war noch herrlich leer, und ich konnte gar nicht anders als Fotos zu machen. Ich finde ja immer, dass unser Rathaus ein bisschen wie ein Schloss aussieht. Mir fiel dann ein, dass ich von einem „Hamburger Geheimnis“ gelesen hatte, welches sich im Innenhof des Rathauses befindet. Warum also nicht mal selber vorbei schauen? Vielleicht sogar mal eine Rathausführung mitmachen? Aber so ein Pech: heute keine Führung. Ich habe daher in der Diele und im Innenhof fotografiert.
Erstmal ein büschen was zur Entstehungsgeschichte: Nachdem das Alte Rathaus von 1290 zur Bekämpfung des Brandes 1842 gesprengt worden war (genützt hat es leider nix), dauerte es bis 1897, bis das neue Rathaus bezugsfertig war.
Die Fassade ist 111m breit, also fast so breit, wie der Turm hoch ist, nämlich 112m. Links vom Turm „wohnt“ die Bürgerschaft, rechts der Senat. So stehen beide auch optisch gleichberechtigt nebeneinander. Das Rathaus besteht übrigens im Wesentlichen aus Granit, Sandstein und Kupferdächern. Ich will auch gar nicht mehr viele Details erwähnen, auch über das Hamburger Rathaus gibt es einen sehr ausführlichen Artikel bei Wikipedia.
Ich möchte euren Blick aber ein wenig auf die vielen Figuren lenken, die sich am und im Rathaus befinden. Da wäre vorne die sogenannte Kaisergalerie, mit 20 Kaisern und Königen des alten deutschen Reiches, von Karl dem Großen bis Franz dem II. Darüber – am Mittelturm – befinden sich die vier bürgerlichen Tugenden: Weisheit, Eintracht, Tapferkeit und Frömmigkeit. Wohlgemerkt über den Monarchen!! Dann findet man noch 28 Büsten, die für die bürgerlichen Berufe stehen, über 28 Fenstern der Repräsentationsetage.
In der Diele befinden sich an Wänden und Säulen ebenfalls Bildnisse von bedeutenden Personen. Diesmal werden bürgerliche Persönlichkeiten abgebildet und zwar in medaillonförmigen Reliefs.
Und auch im Innenhof viele bedeutende Persönlichkeiten. Sechs Nischenfiguren stellen Bischöfe und Grafen dar.
In der Mitte des Innenhofes: der Hygieia-Brunnen. Hygieia ist eine der Töchter des Asklepios (Gott der Heilkunst). Sie ist eine Göttin der Gesundheit und gilt als Schutzpatronin der Apotheker. Aus ihrem Namen leitet sich der Begriff Hygiene ab. Sie ist denn auch die zentrale Figur des Brunnens. Der Drache, auf den sie tritt, ist das Symbol für die verheerende Choleraepidemie von 1892. Im Sockel des Brunnens befinden sich außerdem die Einlässe für das Belüftungssystem des Rathauses. Die übrigen Figuren stellen den Nutzen und die Verwendung des Wassers dar. An richtig heißen Sommertagen ist dies ein herrlicher Ort zum Ausruhen.
So, nun ist es aber Zeit, das Geheimnis zu lüften! Wenn man von der Diele in den Innenhof geht, fällt der Blick als erstes auf den Brunnen. Wir wenden aber unseren Blick nach links.
Dort befindet sich ein Fenster direkt über dem Boden und dort finden wir auch das „Geheimnis“: Zwischen all den wichtigen und berühmten Figuren befindet sich über dem Fenster die Figur eines einfachen Küchenjungen. Und dieser ist so schön ausgestaltet und hat so ein niedliches Gesicht, dass man sich sofort in diese kleine Figur verliebt. Der Küchenjunge schleckt gerade einen Löffel ab, und es scheint sehr lecker zu sein, was er da schleckert.
Wie kommt nun so ein einfacher kleiner Mensch in diese illustre Runde? Das Fenster, über dem er sich befindet, gehört zum ehemaligen Ratsweinkeller (heute Restaurant Parlament). Man brauchte ein Fenster zur Belüftung der Küche und die Fassade sollte nicht gestört werden, also baute man es zum Innenhof hin. Als Hinweis für seinen Zweck erschuf man die Figur des kleinen Küchenjungen.
Wenn ihr mal in der Nähe seid, müsst ihr ihn unbedingt mal besuchen. Man muss keinen Eintritt bezahlen und kann einfach so in den Innenhof. Wenn man von der Großen Johannisstraße aus hinein will, muss man sich nur an den beiden Löwen vorbei trauen. Dort befindet sich auch die Rathauswache.
Und dann besucht man vielleicht noch den „alten Heine“, der auf dem Rathausmarkt steht, ganz in Gedanken versunken…
3 Responses to Hamburger Rathaus – heute lüfte ich ein Geheimnis!