Nachdem wir das Kloster St. Johannis besucht hatten, führte uns unser Weg auch zur Kirche St. Johannis. Die Kirche St. Johannis ist auch bekannt als „die Hochzeitskirche“. Lange bevor ich wusste, wie sie wirklich heißt, hieß sie auch bei uns immer nur „Hochzeitskirche“. Sie sieht aber nicht nur schön aus, sie hat auch eine bewegte Geschichte und ist eine der ältesten Gründungen auf nordelbischem Gebiet.
Immer wenn ich an der Kirche vorbei komme, muss ich an folgendes denken: Als ich als Schülerin (ich hatte schon einen Führerschein) Essen für alte Leute ausgefahren habe, hatten wir Eppendorf als unser Gebiet. So kam es auch, dass ich einem ehemaligen Pastor von St. Johannis begegnete, der zu unseren Kunden gehörte. Der machte sich immer einen Spaß und spielte ganz laut Musik von Brahms, wenn ich kam, und ich musste dann raten, welches Stück es ist. Nein, ich bin jetzt keine ausgewiesene Brahms-Expertin geworden, aber es hat uns beiden viel Spaß gemacht. Irgendwann hat er mir dann 5 oder 6 Schallplatten mit Musik von Brahms geschenkt. Nun aber zurück zur Kirche.
Erstmals urkundlich erwähnt wird St. Johannis – damals wohl noch als „Pfarrkirche zu Eppendorf“ – im Jahr 1267. Es wird vermutet, dass die Kirche noch wesentlich älter ist, aber offenbar gibt es dafür keine Belege. Möglicherweise wurde sie bereits im 9. Jahrhundert gegründet (~840).
Bis 1748 hatte die Kirche einen sehr großen Pfarrbezirk. Er reichte vom Dammtor im Süden (dort war damals die Hamburger Stadtgrenze) bis nach Ochsenzoll im Norden. Später wurden einige der zugehörigen Dörfer abgetrennt und erhielten eigene Kirchen. Eine dieser unmittelbaren Tochterkirchen steht bei mir um die Ecke: St. Lukas in Fuhlsbüttel.
Man stelle sich vor, wie die Bauern aus den umliegenden Dörfern Sonntags mit Fuhrwerken, zu Fuß und zu Pferde den weiten Weg zur Kirche gekommen sind. Der Pfarrer hatte wohl auch einen anstrengenden Tag, denn um zu taufen oder sterbenden die letzte Ölung zu geben musste er weite Wege auf sich nehmen.
1530 wurde St. Johannis – übrigens benannte nach Johannes dem Täufer – lutherisch. So erging es damals ja vielen Kirchen in und um Hamburg. Wurde Hamburg während des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) verschont, ging es den Randgemeinden schlechter. Viele Menschen suchten in dieser Zeit Schutz in Hamburg.
„Hamburg blieb verschont. Obgleich 1620 allein in der Neustadt 4200 Menschen an der Pest zugrunde gingen, ist die Stadt heute an Bevölkerung fast doppelt so groß wie vor dem Kriege. Flüchtlinge aus den verwüsteten Gebieten fanden bei uns Asyl, vor allem aus unserer nächsten Umgebung, die nicht so gut davongekommen ist wie Hamburg.“ (Quelle: Erik Verg, Das Abenteuer das Hamburg heißt, Ein Buch vom Hamburger Abendblatt, Jahr unbekannt)
Auch St. Johannis musste leiden. Mehrfach wurde die Kirche geplündert, auch noch nach dem Dreißigjährigen Krieg, französische Truppen kampierten in der Kirche und 1814 diente sie sogar als Pestkrankenhaus, als der Pesthof durch die Franzosen zerstört worden war. Wer sich für den Pesthof und seine Geschichte interessiert, findet hier eine Seite mit vielen Informationen rund um das Areal, wo sich ehemals der Pesthof befand.
Drei große Renovierungen gab es in und an der Kirche:
- 1902-1903 durch Julius Faulwasser, damals wurde auch der Eingang von der Nordseite in den Turm verlegt.
- 1957-1963 durch Gerhard Langmaack, er stellt die Form der alten Dorfkirche möglichst weitgehend wieder her.
- 1981-1984 durch die Architekten Bunsmann, Scharf und Lockner, Neugestaltung des Altarraumes.
Der Turm wurde in den Jahren 1999-2001 aufwändig restauriert. Beim Kirchturm handelte es sich wohl ehemals um einen Wachturm, einen Rundturm aus Findlingen, dies ist der älteste Teil der Kirche. Er wurde 1751 ummantelt und mit einer Haube versehen.
Das Kirchenschiff entstand 1622 als Fachwerksaal. Die Kanzel fertigte der Eppendorfer Tischler Ulrich Reese im Jahr 1781. Er fertigte auch das Gestühl und die Taufe. Die Kirche besitzt eine Steinmeyer-Orgel aus dem Jahr 1972. Überhaupt gibt es im Inneren noch einiges zu entdecken. Wir konnten leider nicht hinein, da gerade ein Gottesdienst stattfand und wir zum Hockey zurück mussten. Zwei Fotos habe ich aber doch, da wir vor 24 Jahren mal dort auf einer Hochzeit waren.
Selbstverständlich gab es auch bei dieser Kirche früher einen Friedhof. Beziehungsweise gleich zwei. Beide wurden aufgelöst und die sterblichen Überreste „verlegt“. Auf dem „zweiten“ Friedhof befand sich übrigens auch das Grab der „schönen Marianne“, der Gastwirtin Marianne Ruaux (1802-1882).
„Heinrich Heine nannte sie die dritte Sehenswürdigkeit Hamburgs nach Rathaus und Börse: die „Schöne Marianne“ Gastwirtin in Eimsbüttel.“ (Quelle: Erik Verg, Das Abenteuer das Hamburg heißt, Ein Buch vom Hamburger Abendblatt, Jahr unbekannt) Erst 21 Jahre jung hatte Marianne 1823 die bankrotte Gastwirtschaft von ihrem Vater übernommen. Aber auch wenn die Küche vorzüglich war und der Keller gut gefüllt, kamen die Herren damals wohl vorwiegend wegen Marianne. Kein Wunder also, dass sie an Markttagen Eintrittsgeld erhob. Als sie schließlich mit 34 Jahren heiratete, sank ihr Glücksstern. Mit 80 Jahren starb sie im Kreise ihrer Kinder und Kindeskinder.
Auf der Webseite von St. Johannis kann man sich einen „Führer durch die Kirche St. Johannis-Eppendorf“ herunterladen. Auf 4 Din A4 Seiten erfährt man viel Interessantes und bekommt vor allem die Kunstwerke im Inneren der Kirche erläutert. Auch bei Wikipedia findet sich so einiges.
Und hier ist die Kurzfassung:
Überquert man von der Kirche kommend die Straße, erreicht man auf der gegenüberlegenden Ecke einen Laden, der heute Möbel verkauft. Lange Jahre, ja Jahrzehnte, befand sich hier jedoch eine Bäckerei, wie man noch an den Ornamenten über dem Eingang erkennen kann.
So hätte der Beitrag eigentlich geendet. Eigentlich, denn gestern, am 08.03.2015 waren wir wieder an der Kirche und diesmal war die Kirche geöffnet. So gibt es nun also ein paar schöne Innenansichten.
Ich werde jetzt nicht alles erläutern, denn in dem bereits erwähnten Führer durch die Kirche wurde das bereits ausführlich getan.
Auf ein Foto möchte ich euch aber noch hinweisen:
Über der Konsole hing – folgt man der Beschreibung im Kirchenführer – offenbar mal ein anderes Bild, aber unter der Konsole befindet sich eine sogenannte Piszine. Dort werden das Taufwasser und Reste des Weins vom Abendmahl dem Erdboden zurückgegeben und nicht einfach in den Ausguss gekippt.
Gehen wir nun wieder aus der Kirche hinaus.
Diesmal sind wir dann auch außen einmal um die Kirchte herum gelaufen. Und haben so den alten Seiteneingang (an der Nordseite) entdeckt. Man erkennt ihn an dem Rundbogen im Fachwerk. Die beiden Zahlen (die ich auf einem Foto extra nachgezeichnet habe) bezeichnen dabei die erste urkundliche Erwähnung (1267) und das Jahr der Restaurierung der Nordwand (1984).
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